Volle Gesundheitsagenda für US-Präsident Joe Biden

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Das US-Gesundheitswesen ist unter Druck, die Pandemiebekämpfung und grundlegende Reformen dürften auch für Schweizer Hersteller Folgen haben.

Die Covid-19-Pandemie (über-)fordert die Gesundheitssysteme weltweit. Das Virus trifft auf Länder mit einem eingeschränkten Zugang zu medizinischen Leistungen für die Einwohner, während anderswo der gesamten Bevölkerung eine hochstehende Versorgung geboten wird. Die Bandbreite ist gross, die weltweiten Ausgaben pro Kopf für die Gesundheit unterscheiden sich stark. Nicht nur zwischen wirtschaftlich schwachen und starken Ländern, sondern auch innerhalb der Gruppe der westlichen Industrieländer.

Gesundheitsausgaben beeinflussen die Lebenserwartung

Mit verschiedenen Kennzahlen lassen sie die Gesundheitssysteme weltweit vergleichen. Nachfolgend steht die positive Korrelation zwischen pro Kopf Ausgaben und Lebenserwartung im Fokus. Die grosse Mehrheit der Länder steigerten in den Jahren zwischen 1970 und 2015 ihre Gesundheitsausgaben, gleichzeitig erhöhte sich auch die Lebenserwartung. Den wohl grössten Effekt bringt eine Verbesserung des Zugangs zu grundlegenden medizinischen Leistungen. Danach scheint der Grenznutzen (wieviel bringt ein zusätzlich investierter Franken?) abzunehmen. Während die USA das teuerste Gesundheitswesen der Welt haben, ist die Lebenserwartung nicht in gleichem Umfang gestiegen. Japans Pro-Kopf-Kosten für die Gesundheit sind tiefer und die Lebenserwartung ist höher (vgl. Abbildung). Die Gesundheitsausgaben sind eine wichtige, wohl aber nicht die einzige Erklärung für eine hohe Lebenserwartung. Lebensstil, Ernährung, aber auch die Organisation des Gesundheitswesens spielen ebenso eine Rolle.

Quelle: Our World in Data (2021)

Wie sieht die Situation in der Schweiz aus? Sie liegt in punkto Gesundheitsausgaben zwischen Japan und den USA, bei der Lebenserwartung ist sie beinahe gleichauf mit Japan. Noch im Jahr 1981 betrug die Lebenserwartung in der Schweiz für Männer bei Geburt 72.4 Jahre, für Frauen 79.2 Jahre. 38 Jahre später, 2019, ist sie insbesondere für die Männer stark angestiegen und beträgt 81.9 bzw. 85.6 Jahre für Frauen. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 70.8 Jahren (Männer) bzw. bei 75.6 Jahren (Frauen). Die Schweiz gehört damit zu den Ländern mit der höchsten Lebenserwartung.

USA mit höherer Covid-19-Todesrate als die Schweiz

Eine Erklärung für das schlechte Abschneiden der USA liegt in der Kombination einer – im Vergleich zu vielen entwickelten Volkswirtschaften – hohen Kinder- und Müttersterblichkeit zusammen mit einer hohen Konzentration der Gesundheitsausgaben auf eine kleine Bevölkerungsgruppe. Gerade einmal 5 Prozent der Einwohner beanspruchen 50 Prozent der Ausgaben. Für viele Einwohner deckt auch eine Krankenversicherung kaum die nötigsten medizinischen Bedürfnisse ab. Dies dürfte mit ein Grund sein für die vergleichsweise hohe Covid-19-Todesrate. Weltweit forderte die Pandemie bislang über 2 Mio. Menschenleben. Mit über 400’000 Personen erlitten die USA die höchsten Verluste: Bezogen auf 100’000 Einwohner sind dies 123 Todesfälle. Die Schweiz hat – gegeben die geringere Einwohnerzahl – weniger Covid-Tote (knapp 9000) und liegt mit 103 Verstorbenen pro 100’000 Einwohnern klar hinter den USA (Zahlen für Ende Januar 2021).

Gesundheitsagenda der USA mit Folgen für Schweizer Wirtschaft

Der neue US-Präsident Biden wird kurzfristig entschlossen die Pandemie bekämpfen müssen. Mittel- und langfristig sind auch Reformen des Gesundheitssystems zu erwarten. Für viele Schweizer Hersteller von Healthtech-Produkten sind die USA nach der EU der zweitwichtigste Exportmarkt. Was in den Vereinigten Staaten entschieden wird, beeinflusst deshalb auch die Wertschöpfung in der Schweiz. Mehrinvestitionen ins amerikanische Gesundheitswesen sind eine Chance auch für Schweizer Anbieter, hingegen könnte sich die Einführung staatlicher Höchstpreise für Healthtech-Produkte für hiesige Unternehmen negativ auswirken. Das Gesundheitswesen in den USA bleibt wohl auch in den nächsten vier Jahren nicht nur das grösste der Welt, sondern auch das spannendste. Eine nahe Verfolgung der Entwicklungen dürfte weiterhin lohnend sein.

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