Krankenakte digitales Gesundheitswesen

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Die Digitalisierung im Gesundheitswesen der Schweiz kommt nur kriechend voran. Woran liegt es und welche Voraussetzungen müssen für eine Beschleunigung geschaffen werden?

Unternehmen haben die Chancen schon lange erkannt: Die Digitalisierung erlaubt datengetriebene Analysen und schlankere Prozesse, Medienbrüche können vermieden werden. Eigentlich ein Selbstläufer, insbesondere im Gesundheitswesen, das um eine Eindämmung der Kosten ringt. Könnte man meinen – doch weit gefehlt. Die Bewältigung der Pandemie hat auch dem letzten Bürger vor Augen geführt, dass viele Prozesse nach wie vor papiergestützt sind. Daten werden manuell erfasst, die Übermittlung geschieht vielerorts noch per Fax.

Gründe für die schleppende Entwicklung

Mehrere Beispiele der letzten Zeit trugen jedoch leider nicht zu einer höheren Akzeptanz digitaler Lösungen bei: Das elektronische Patientendossier kommt seit Jahren nicht vom Fleck, das Online-Organspenderegister von Swisstransplant wies gravierende Sicherheitsmängel auf, die Plattform «Meine Impfungen» musste gar geschlossen werden. Um das Vertrauen der Schweizer Bevölkerung in digitale Lösungen im Gesundheitswesen dürfte es nicht zum Besten bestellt sein.

Dennoch vollzieht sich die digitale Transformation des Gesundheitswesens auch in der Schweiz: langsam und eher «bottom-up» getrieben. Angefangen bei den Leistungserbringern, die Millionen in die Vernetzung ihrer Geräte und die Datenaufbereitung investieren, über die Krankenkassen, die Online-Portale rund um die Versicherungsleistungen anbieten, bis hin zu den Patienten, die über Apps ihre medizintechnischen Produkte für den Heimgebrauch steuern. All dies ist jedoch nicht eingebettet in eine umfassende, nationale E‑Health-Strategie, denn diese existiert nicht. Die Gesundheitspolitik liegt zu grossen Teilen in der Kompetenz der Kantone. Es liegt an ihnen, sich untereinander abzusprechen, um Konvergenz- und Integrationsmassnahmen anzupacken.

Die Dänen machens anders

Ganz anders der Ansatz in Dänemark: Die wichtigsten Akteure des Gesundheitswesens verständigten sich auf eine nationale E-Health-Strategie, die mit der 2003 gestarteten Gesundheitsplattform sundhed.dk im Zentrum umgesetzt wird. Das Portal wurde stufenweise ausgebaut und verbindet heute mehrere Bestandteile miteinander (E-Rezepte, elektronische Patientenakte, Arzt-Patient-Kommunikation, Leistungen des Gesundheitsdienstes, Organspende etc.). Bereits 2005 titelte die NZZ «Besser ist’s im Staate Dänemark».

Verschiedene Wege führen ans Ziel

Doch der Föderalismus der Gesundheitspolitik in der Schweiz sollte nicht einseitig nur als Last, sondern auch als Chance begriffen werden. Er bietet die Möglichkeit, verschiedene Lösungen auszuprobieren, auf die Bedürfnisse der Nutzer abzustimmen und voneinander zu lernen. Dies braucht Zeit, entspricht aber eher dem helvetischen Staatsverständnis als ein reiner «Top-down»-Ansatz.

An einem aber müssen alle Akteure gemeinsam arbeiten: an der Akzeptanz. Die effiziente und effektive Nutzung der digitalen Möglichkeiten baut auf Vertrauen auf, insbesondere im Gesundheitswesen. Aus den eingangs aufgezählten negativen Beispielen gilt es zu lernen und auch nutzerseitig zu akzeptieren, dass es keine hundertprozentige Sicherheit geben kann. Auch ein Fax kann abgefangen, eine handgeschriebene Patientenakte entwendet werden. Dies vor Augen gelingt es der Schweiz vielleicht doch noch, die digitale Transformation im Gesundheitswesen zu vollziehen.

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